Der Ausbruch war angekündigt, malerisch vorab dokumentiert: In einer Katalogbild Tafel verflüchtigt sich maßstabsgerecht das Primat des eindeutigen Zeichens auf farbfülligem, „weggemaltem“ (Gerhard Hesler) Grund. Das Atelier haben diese Tafeln nie verlassen. Klaus Merkel wollte den völligen Neueinsatz, wollte nicht schauen, was aus dem Kalb geworden ist, das er einst einen Eisberg gebären ließ oder was wohl noch auf die Kuhhaut gehen würde, die er einst, 1988, malerisch ausbreitete. Der neue Merkel, wie ihn die Stuttgarter Galerie Annette Gmeiner, Esslinger Straße 22, nun bis zum 22. Dezember präsentiert - bietet entsprechend keine Mogelpackung - sondern vollzieht, was die Katalogbilder versuchten: die Flucht aus dem Kunstmarkt-Automatismus.
1983: Merkel, das Talent. 1987: Merkel in der Durchsetzungsphase. 1990: Merkel, Wortführer der jungen süddeutschen Malerei. Die Katalogbilder zogen die Summe, summierten sich zum Stelldichein der “Tiere", “Schablonenbilder", “Reise”-Zitaten, “Blöcke", “Goofys" und so weiter - inszenierten eine “Süddeutsche Grammatik".
Diese ist nun (endgültig, so scheint es) umgeschrieben, wir begegnen Merkel nach Merkel und müssen seine Bilder neu schauen lernen. Gerade noch die Vorliebe für eigenwillig verführerisch giftige Grün- und Rottöne ist geblieben. Der vielschichtige Grund aber ist nun wahrhaft “weggemalt", und zögernd nur wagt sich die Farbe auf das Leinwand-Weiß. Merkel tastet ohne zu zaudern, setzt neu an und kostet doch den Reiz des Nullpunkts aus.
Solch Neubeginn verlangt Mut. Setzt er doch das bewusste Ausklinken aus dem Durchsetzungs-Mechanismus voraus. Der Markt, die Kritik, die Sammler verlangen klare Parolen, eine Grammatik, auf die man sich verlassen kann. Nun wischt er uns eins aus, der Freiburger. Lächelnd, so scheint es, und mit dem nötigen Ernst, um auf neuem Kurs glaubhaft zu bleiben.
Das Theoriegebäude, in das sich Merkel in den achtziger Jahren gerne zurückzog, (zurückziehen ließ?) so bemerkte ich vor zwei Jahren, würde durch die „Katalogbilder“ und die durch sie ermöglichte Wiederbegegnung mit früheren Bildern in Frage gestellt. Nun ist es ganz vergnüglich in sich zusammengepurzelt. Aus den Trümmern konnte Klaus Merkel den Maler Merkel retten. Sagen wir, er setzte sich hin und begann ein neues Malerleben.
Noch ist nicht abzusehen, wohin dieser Weg führt, schon macht er ebenso viel Freude wie der Anlauf zu den „Goofys“. Nur weiter.